Arbeitsschutz

Safety Leadership

Führungsqualität für erfolgreichen Arbeitsschutz

6 Minuten06.02.2023

von Stefan Ganzke

Safety Leadership ist ein Führungsstil, der darauf abzielt, die wesentlichen Werte von Arbeitssicherheit aktiv in die Praxis umzusetzen. Dahinter verbergen sich zwei grundsätzliche Fragen: 

  1. Wer übernimmt Verantwortung im Arbeitsschutz? 
  2. Und wie wird strategisch gearbeitet?

Wer sich für Arbeitsschutz verantwortlich fühlt, ist eine Frage der Sicherheitskultur. Ein gängiger Maßstab zur Evaluierung der Sicherheitskultur ist die Bradley-Kurve. Je nachdem auf welchem Level sich Ihr Unternehmen auf dieser Kurve befindet, fühlt sich niemand, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Führungskraft, einzelne Mitarbeitende für sich selbst oder alle Mitarbeitenden füreinander verantwortlich. In der ausgereiftesten Form einer Sicherheitskultur sind also alle Mitarbeitenden Safety Leader.

Auch wenn sich Safety Leadership nicht ausschließlich auf Führungskräfte bezieht, muss festgehalten werden, dass diese eine tragende Rolle spielen, wenn es darum geht, Sicherheitskultur auf ein höheres Level zu bringen. Neben einem Wissen über Vorschriften und Haftungsfragen sollten Safety Leader auch Softskills trainieren und in die strategische Arbeit einfließen lassen:

1. Kommunikation

Um den Grundstein für ein sicheres Arbeitsverhalten zu legen, sollten regelmäßig Mitarbeitergespräche stattfinden. Safety Leader sollten in regelmäßigen Abständen den direkten Austausch mit ihren Mitarbeitenden suchen. Hierzu bietet sich beispielsweise ein Sicherheitskurzgespräch an, dafür gibt es auch von den Berufsgenossenschaften einige Vorlagen, die genutzt werden können. Alternativ kann man mit den Mitarbeitenden regelmäßig in kleinen Gruppen Sicherheitsgespräche führen, in denen anhand realer Unfallmeldungen mögliche Gefahren veranschaulicht werden.

2. Vorbildfunktion und Authentizität

Es reicht schlichtweg nicht aus, Safety First lediglich zu predigen – vielmehr müssen es die Führungskräfte vorleben. Schreiben Sie ihren Mitarbeitenden beispielsweise vor, dass sie in bestimmten Arbeitsbereichen Sicherheitsschuhe tragen müssen, sollten auch Sie dort nicht mit Alltags-Schuhwerk erscheinen. Sollte es zu eigenen Fehlern kommen, müssen Führungskräfte auch die Verantwortung dafür übernehmen. 

3. Einbeziehen der Mitarbeitenden

Es empfiehlt sich im Hinblick auf die angestrebte Ausweitung des Verantwortungsgefühls einzelne Aufgaben an Mitarbeitende zu delegieren. Wenn Arbeitnehmende aktiv in Arbeitsschutz-Prozesse eingebunden werden, sei es bei Begehungen, Unterweisungen oder auch bei sicherheitsrelevanten Entscheidungen, stärkt das den Zusammenhalt und gleichzeitig auch das Sicherheitsbewusstsein aller Mitarbeitenden.

4. Wertschätzung und Feedback

Eine offene Fehlerkultur darf nicht nur in der theoretischen Philosophie eines Unternehmens festgehalten werden – sie muss offen gelebt werden. Niemand darf Angst haben, eine unsichere Situation oder gar einen tatsächlichen Arbeitsunfall zu melden. Andernfalls bleiben mögliche Missstände immer verborgen. Es besteht dann die große Gefahr, dass auf dem Papier die Unfallzahlen gut aussehen, in der Realität die Zahlen unentdeckt jedoch deutlich höher sind. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte die Meldemoral fördern. Gerade bei Beinaheunfällen bzw. unsicheren Situationen braucht es ebenfalls ein Feedback und ggf. Maßnahmen. Weiterhin gilt es, sicheres Verhalten offen zu loben. Hierdurch bekommen die Mitarbeitenden immer mehr das Bewusstsein, dass sicheres Arbeiten gewünscht ist.

5. Auftritt und Führungsstil

Wer als Führungskraft ernst genommen werden will, sollte einen klaren, nachvollziehbaren Führungsstil pflegen. Neben der bereits thematisierten Kommunikationsfähigkeit ist hierfür eine authentische und den Erwartungen der Mitarbeitenden entsprechende Herangehensweise notwendig.

Wurde beispielsweise ein Schichtsystem eingeführt, das die Mitarbeitenden gesundheitlich beeinträchtigt oder Arbeitsunfälle und unsichere Situationen steigen lässt, braucht es Führungsstärke sowie die Bereitschaft, eigene Fehleinschätzungen einzugestehen und für eine Problembeseitigung zu sorgen, die alle Seiten zufriedenstellt.

6. Eine gemeinschaftliche Sicherheitskultur

Damit ein positives Safety Mindset entstehen kann, müssen Mitarbeitende die Bedeutung von Arbeitsschutz verstehen und diesen auch positiv wahrnehmen. Es liegt daher in der Verantwortung der Führungskräfte, eine gemeinschaftliche Sicherheitskultur zu schaffen, bei der alle Beteiligten an einem Strang ziehen. 

Es sollte das Ziel sein, dass nicht nur die Führungskräfte selbst auf das sichere Verhalten achten und Feedback geben. Auch die Mitarbeitenden sollten einander unterstützen und unsichere Verhaltensweisen sowie mögliche Gefahrenquellen ansprechen. Gleichzeitig ist es förderlich, sich bei sicherheitsbewusstem Verhalten gegenseitig positives Feedback zu geben. Führungskräfte müssen dahingehend geschult werden, ihre Mitarbeitenden zu einem derartigen Umgang zu motivieren.

7. Arbeitsschutz-Onboarding als Grundlage

Führungskräfte haben häufig keine ausreichende Qualifizierung, um diese Maßnahmen durchführen zu können, weil sie kein professionelles Arbeitsschutz-Onboarding durchlaufen. In den meisten Fällen gibt es fachliche Schulungen zu Produkten und deren Herstellung, doch hinsichtlich des Arbeitsschutzes wird kaum geschult. Es ist wichtig, dass Führungskräfte und andere potenzielle Safety Leader ein ausführliches Arbeitsschutz-Onboarding erhalten, das über mehrere Monate andauert, und dass die betriebliche Umsetzung mit einem Sparringspartner erfolgt. So bekommen sie stets direktes Feedback und erhalten durch schnell eintretende Erfolge eine innere Motivation für Safety Leadership.

Stefan Ganzke ist Experte für Sicherheitskultur & Kommunikation im Arbeitsschutz. Als Geschäftsführender Gesellschafter der WandelWerker Consulting GmbH hilft er vor allem Sicherheitsingenieuren und Fachkräften für Arbeitssicherheit dabei, Arbeitsunfälle nachhaltig zu reduzieren. 

Stefan Ganzke Safety Mindset Experte Wandelwerker
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