Arbeitsschutz, Umwelt & Nachhaltigkeit

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Ein 4-Phasen-Modell zur Einführung

6 Minuten29.02.2024

Die Etablierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) bedeutet, dass kein Tag am Arbeitsplatz vergehen sollte, ohne dass eine Verbesserung von Qualität oder Produktivität erreicht wurde. Um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess erfolgreich zu implementieren und langfristig stabil zu halten, müssen strukturierte Phasen mit klaren Schritten und konkreten Aufgaben durchlaufen werden. Dieser Artikel geht auf jede der Phasen ein und bietet Ihnen nützliche Hinweise zur Gestaltung Ihrer Strategie.

Tipp

Das Grundlagenwissen zum kontinuierlichen Verbesserungsprozess haben wir in folgendem Fachbeitrag für Sie zusammengefasst:

Der KVP-Prozess

1. Vorbereitungsphase

In der Vorbereitungsphase geht es darum, die Grundlagen für die Einführung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu schaffen. Dazu gehören die Festlegung der Ziele und des Umfangs des KVP sowie die Entwicklung einer Strategie für die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden. Für eine erfolgreiche Umsetzung im Unternehmen muss sich die Führungsebene auf Ziele und eine Vorgehensweise verständigen und eine Strategie für die interne Kommunikation vorlegen. Für die Sensibilisierung eignen sich vorrangig Orientierungsgespräche mit Führungskräften, Entscheidungsträgern und anderweitig involvierten Mitarbeitenden.

Hilfreiche Fragen für die Vorbereitungsphase

  • Ziele und Umfang des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses

    • Welche Ziele sollen mit dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess erreicht werden?
    • In welchen Bereichen soll der kontunierliche Verbesserungsprozess umgesetzt werden?
  • Strategie der Umsetzung

    • Wie soll der kontinuierliche Verbesserungsprozess umgesetzt werden?    

    • Wie kann ein Masterplan mit Meilensteinen und Ergebniskriterien aussehen? 

    • Welche innerbetrieblichen Erfahrungen gibt es mit anderen Veränderungsprozessen im Unternehmen? Welche internen Fallstricke gibt es?

    • Mit welchem innerbetrieblichen Schulungsbedarf ist zu rechnen?

    • Welche Ressourcen werden benötigt (Budget, Personal)?

    • Wie kann eine geeignete Aufbauorganisation aussehen (Steuergremium, KVP-Projektgruppe, KVP-Koordinator, KVP-Moderatoren und KVP-Verantwortliche auf operativer Ebene)

2. Einführungsphase

Die Einführungsphase dient dazu, die Prinzipien des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Unternehmen zu etablieren. Sie umfasst:

  • die Kommunikationsstrategie

  • die Schulung der Führungskräfte und Moderatorenausbildung sowie

  • eine Auftaktveranstaltung

  • die Abgrenzung erster Verbesserungsbereiche

  • die Auswahl geeigneter Verfahren

  • die Durchführung von Pilotprojekten

Die Einführungsphase ist der eigentliche Start des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Sie zielt darauf ab, ihn für alle Mitarbeitenden sichtbar zu machen. Zu diesem Zweck sollte die Kommunikationsstrategie proaktiv und zielgruppenspezifisch gestaltet sein. Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden rechtzeitig vor der Auftaktveranstaltung über den kontinuierlichen Verbesserungsprozess und die Beweggründe der Geschäftsführung sowie die Agenda der Auftaktveranstaltung. Wählen Sie dafür geeignete Kanäle, die sicherstellen, dass Ihre Botschaft die Mitarbeitenden auch wirklich erreicht. Im Anschluss an die initiale Kommunikation sollten Sie die grundlegende Information mindestens einmal erneut an die Belegschaft senden, ggf. in angereicherter Form z. B. mit konkreteren Programmpunkten der Auftaktveranstaltung oder der Vorstellung eines spezifischen KVP-Logos oder eines KVP-Helpdesks.

Für spezielle Gruppen, z. B. Führungskräfte oder den Betriebsrat, sollten besondere Kommunikationsstrategien und -mittel geplant werden. Es gilt dabei sicherzustellen, dass Führungskräfte und andere Mitarbeitende, die für die Initiierung einer KVP-Kultur eine zentrale Rolle spielen, im Vorfeld der Auftaktveranstaltung ausreichend geschult werden und die notwendige Vorbereitungszeit erhalten. Die Bestimmung von KVP-Moderatoren ist besonders hilfreich. In KVP-Moderatoren-Schulungen wird grundlegendes Wissen vermittelt, das KVP-Moderatoren befähigt, KVP-Workshops zu leiten und KVP-Projekte erfolgreich umzusetzen. Hierzu sind neben Fachkompetenzen auch soziale Kompetenzen und Moderationsfähigkeiten wichtig.

Während der Auftaktveranstaltung sollten Sie zunächst die Grundlagentheorie des kontinuierlichen Verbesserungsprozess vermitteln und diese anschließend in einem eher praxisorientierten Teil in Kleingruppen vertiefen. Dieser Praxisteil sollte von externen Experten und internen KVP-Moderatoren begleitet werden und liefert im Ergebnis optimaler Weise bereits konkrete Anwendungsfälle.

Während der Einführungsphase ist es von besonderer Bedeutung, dass die Geschäftsführung ausreichend Engagement zeigt. Dies verleiht dem Projekt die benötigte Autorität und gewährleistet, dass der kontinuierliche Verbesserungsprozess unangefochten bleibt. Dieses Engagement kann sich beispielsweise dadurch manifestieren, dass Vertreter der Geschäftsführung sich an der Auftaktveranstaltung beteiligen oder diese sogar initiieren.

Die Zeit nach dem Auftakt ist aus Sicht der Changemanagements besonders kritisch. Warum? - Spätestens nach der Auftaktveranstaltung besteht seitens der Mitarbeitenden die Erwartung, dass nun auch konkret etwas passiert. Werden solche Erwartungen nicht beachtet (oder erfüllt), schwindet das Vertrauen in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess und die Wichtigkeit seiner Initiierung. Um dies zu verhindern, sollten aus der Auftaktveranstaltung heraus, einige Themen für Pilotprojekte ausgewählt werden. Diese sollten schnell und unkompliziert umsetzbar sein.

Es ist essenziell, dass Sie in dieser Phase ausreichend kommunizieren. Es kommt dabei manchmal weniger auf die konkreten Inhalte, sondern auf das Momentum an. Die Pilotgruppen sowie deren geplanten oder erreichten Verbesserungen sind besonders geeignet für zeitnahe interne und externe Kommunikation.

Hilfreche Fragen für die Einführungsphase

  • Abgrenzung von ersten Verbesserungsbereichen

    • In welchen Bereichen besteht Verbesserungspotenzial?

  • Feinplanung

    • Welches Budget steht zur Verfügung und welcher Zeitplan wird verfolgt?

    • Welchen Schulungsbedarf gibt es?

    • Welche Mitarbeitenden können als KVP-Moderatoren ausgebildet werden?    

    • Müssen externe Berater einbezogen werden?

  • Methodenwahl

    • Welche Methoden sind für die Umsetzung von Verbesserungen geeignet?

  • Pilotprojekte

    • In welchen Bereichen können eher risikofreie KVP-Pilotprojekte in der Praxis erprobt werden?

3. Umsetzungsphase

In der Umsetzungsphase wird der kontinuierliche Verbesserungsprozess sukzessive im Unternehmen eingeführt. Sie beinhaltet die systematische Durchführung von Verbesserungsprojekten, die kontinuierliche Verbesserungen der Abläufe sowie die Kontrolle des Erfolges. Kommunizieren Sie auch in dieser Phase lieber zu viel als zu wenig, damit der kontinuierliche Verbesserungsprozess sichtbar bleibt und allmählich in die DNA Ihres Unternehmens übergeht. Gute Kommunikationsanlässe sind z. B. erste konkrete Erfolge oder neue Erkenntnisse. Im besten Fall löst diese Phase einen Dominoeffekt aus, der andere bisher nicht einbezogene Organisationseinheiten neugierig macht und sie motiviert, eigeninitiativ mit eigenen Verbesserungsprojekten zu beginnen.

Hilfreiche Fragen für die Umsetzungsphase

  • Systematische Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen

    • Wie können die identifizierten Verbesserungsmaßnahmen systematisch umgesetzt werden?

  • Kontinuität

    • In welchen Zyklen sollten sich die KVP-Moderatoren treffen?

    • Wie kann sichergestellt werden, dass die Prozesse fortlaufend optimiert werden?

    • Was ist notwendig für eine regelmäßige Durchführung des PDCA-Zyklus?

  • Integration

    • Wie kann der KVP mit anderen vergleichbaren Managementprozessen abgestimmt werden?

    • Wie kann eine Integration in den Regelkreis anderer Managementsysteme bzw. die Verbindung mit einem Integrierten Managementsystem (IMS) erfolgen?

     

4. Stabilisierungsphase

Im Rahmen der Stabilisierungsphase soll der kontinuierliche Verbesserungsprozess als fester Bestandteil des Unternehmensalltags etabliert und institutionalisiert werden. Auch dies bedarf einer ständigen Kommunikation, der Beteiligung der Mitarbeitenden und der Anpassung an neue Anforderungen. Institutionalisierung bedeutet vordergründig, dass eine geeignete Aufbau- und Ablauforganisation geschaffen wird, die mit vertretbarem Aufwand den kontinuierlichen Verbesserungsprozess lenken, dokumentieren und anpassen kann.

Für eine erfolgreiche Stabilisierungsphase braucht es in der Praxis Steuerungsgruppen, ein KVP-Beauftragten bzw. eine KVP-Beauftragte auf Leitungsebene für Kommunikation adäquate Rahmenbedingungen sowie einige KVP-Moderatoren. Letzteren sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, sich regelmäßig in geschützten Räumen auszutauschen, um Schlüsse für die Weiterentwicklung ihrer Arbeit zu ziehen.

Obwohl eine Bürokratisierung der kontinuierlichen Verbesserungsprozesses vermieden werden sollte, muss es eine Form des Berichtswesens geben, die es erlaubt, faktenbasiert über Erfolge und Erkenntnisse berichten zu können. Es bietet sich an, die mit dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess einhergehenden Dokumente, wie z. B. Arbeitsblätter zu Prozessaufnahme, Problemlisten, Aktivitätenkataloge, Vorher-Nachher-Vergleiche etc., direkt für die Dokumentation oder als Informationsgrundlage für die Berichte zu verwenden.

Hilfreiche Fragen für die Stabilisierungsphase

  • Welche Aufbau- und Ablauforganisation erscheint für das Unternehmen sinnvoll?

  • Wie kann Bürokratisierung und Überplanung vermieden werden?

  • Wie können Mitarbeitende regelmäßig am KVP und an der Umsetzung von Maßnahmen beteiligt werden?

  • Wie kann die regelmäßige, offensive und faktenbasierte Kommunikation sichergestellt werden?

  • Wie wird der KVP an neue Anforderungen angepasst?

Zusammenfassung

Das 4-Phasen-Modell stellt einen bewährten Leitfaden für die Einführung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses in Unternehmen dar. Es bietet einen strukturierten und transparenten Rahmen, der die Effizienz und Effektivität der Einführung unterstützt. In der Vorbereitungsphase müssen Ziele und Umfang des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses festgelegt werden sowie eine Strategie für Schulungen und Sensibilisierung der Mitarbeitenden entwickelt werden. In der Einführungsphase geht es darum, die Prinzipien des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu etablieren und Pilotprojekte durchzuführen. In der Umsetzungsphase werden Verbesserungsmaßnahmen systematisch umgesetzt und kontinuierlich verbessert. In der Stabilisierungsphase wird der kontinuierliche Verbesserungsprozess institutionalisiert und an neue Anforderungen angepasst. Eine ständige und regelmäßige Kommunikation sowie eine geeignete Aufbau- und Ablauforganisation sind entscheidend für den Erfolg. Wenn Sie sich an diesem Modell orientieren, haben Sie eine strukturierte Grundlage für die Einführung eines effektiven und langfristigen kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.

Quellen

1  Claudia Kostka; Sebastian Kostka: Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess : Methoden des KVP, 2009, Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
1  Franz J. Brunner: Japanische Erfolgskonzepte, 2011, Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
2  Georg Buschner: Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP): Geisteshaltung und Managementmethode, in: Werkstattbuch Familienzentrum, 2009, Verlag für Sozialwissenschaften

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